Kometenphotographie mit der CCD-Kamera

Einleitung
Vor und Nachteile der CCD-Kamera bei der Kometenphotographie
Aufnahmetechnik bei der Kometenkopf-Photographie
Erste Schritte der Bildverarbeitung
Spezielle Methoden für Kometenkernaufnahmen
Zusammenfassung

1996 verfasst von A.Kreutzer, H.R.Schäfer

Einleitung

Daß sich die CCD-Kamera hervorragend zur Dokumentation schwacher Kometen eignet, liegt auf der Hand. Die hohe Lichtempfindlichkeit der Geräte erlaubt eine hohe Grenzgröße bei der Aufnahme - auch mit kleinen Teleskopen und das bei moderaten Belichtungszeiten. Doch es stellt sich nun die Frage, wie man einen Kometen photographieren soll, wenn er so groß und hell wird wie Hyakutake und hoffentlich auch Hale-Bopp? Im folgenden Beitrag wird nun speziell auf den optimalen Einsatz der Amateur-CCD-Kamera bei hellen Kometen eingegangen. Während sich bei der chemischen Photographie heller Kometen das Augenmerk auf die Länge und Feinstruktur des Gasschweifes konzentriert, so kann man mit der CCD-Kamera dem Kopf heller Kometen Details entlocken, die man auf den ersten Blick sicher nicht vermuten wird.


Vor und Nachteile der CCD-Kamera bei der Kometenphotographie

Es ist angesichts eines hellen Kometen zwar naheliegend, den im Feldstecher sichtbaren schönen visuellen Eindruck festhalten zu wollen, doch gerade dazu eignet sich die CCD-Kamera des Amateurs nur wenig. Wenn man den Kometen ganz ins Bild bekommen möchte, muß man kurze Brennweiten (Kleinbildobjektive oder C-Mount Videoobjektive) mit z.T. nicht optimaler Abbildungsqualität benützen. Durch die geringe Blauempfindlichkeit der meisten CCD-Kameras sind Feinstrukturen im Gasschweif meist unsichtbar und durch den rosa-gelblichen Staubschweif auch noch verdeckt. Die Verwendung spezieller Filter kann den Kontrast im Schweif zwar verbessern, doch die geringe Pixelanzahl des CCD und damit die geringe Ortsauflösung offenbart wieder die Unterlegenheit gegenüber der konventionellen Photographie.

Will man die besonderen Stärken der CCD-Technologie ausnützen, so muß man hingegen den Kometenkopf alleine aufnehmen. Der große Kontrastumfang ermöglicht es, die inneren Teile der Koma und das "sternförmige" Zentrum des Kometenkopfes ohne Überbelichtung abzubilden. Das ist mit der konventionellen Photographie praktisch kaum möglich. Die eingangs erwähnten Details werden freilich erst nach einer entsprechenden Bildverarbeitung am PC sichtbar.


Aufnahmetechnik bei der Kometenkopf-Photographie

Die Brennweite wird dabei so gewählt, daß die Auflösung dem jeweiligen Seeing entspricht, d.h. bei einem Seeing von 2 Bogensekunden wäre die Auflösung von einer Bogensekunde pro Pixel optimal. Man erhält dabei also Brennweiten zwischen 1 und 4m. Die Belichtungszeit wird so kurz gewählt, daß die Eigenbewegung des Kometen und die Nachführfehler während der Belichtung noch vernachlässigbar klein bleiben und keinesfalls eine Überbelichtung (Blooming) auftritt. In der Praxis verwendet man Zeiten etwa zwischen 1 und 30s.

Der Trick besteht nun darin, über einen längeren Zeitraum hintereinander 100 und mehr solcher kurz= belichteter Einzelaufnahmen zu machen; man benötigt also eine entsprechend große Harddisk im PC. Zwischen den Einzelbelichtungen, also während die Bilder zum PC transferiert werden, ist meist genug Zeit via Bildschirm händisch eine grobe Nachführkorrektur vorzunehmen, um den Kometen wieder in Bildmitte zu plazieren. Dabei ist es von Vorteil, wenn der Komet nicht immer genau auf die gleiche Stelle positioniert wird, wodurch man sich später eine Flatfieldkorrektur ersparen kann. Eine automatische Nachführkorrektur (z.B. mit einer SBIG ST-4 Kamera) ist bei dieser Technik also nicht notwendig.


Erste Schritte der Bildverarbeitung

Auf den Einzelaufnahmen ist außer Bildrauschen, einem hellen Fleck und eventuell einzelnen hellen Feldsternen kaum etwas zu sehen. Falls die verwendete Kamera trotz der kurzen Belichtungszeiten einen merkbaren Dunkelstrom aufweist, wird zumindest eine Dunkelbildsubtraktion vorgenommen. Wie bereits erwähnt, kann mit der geeigneten Nachführtechnik bei der Aufnahme jetzt auf eine Flatfielddivision verzichtet werden.

Nun erfolgt das Rückzentrieren und Addieren der Einzelaufnahmen - wofür wir die Software der Firma OES verwenden. Die dort als "Schiebemitteln" bezeichnete Funktion kann den Helligkeitsschwerpunkt des Kometen mit Subpixelgenauigkeit bestimmen und damit die Einzelbilder des Kometen zur Deckung bringen und addieren.
Bild 27kB Abbildung1a: Komet Hyakutake am 24.03.96: Summenbild aus 100 Einzelaufnahmen zu je 3 Sekunden Belichtungszeit;Format 21x13 Bogenminuten
Bild 161kB Abbildung 1b: wie Abb.1a, aber in Äquidensitendarstellung mit Falschfarben
Bild 28kB Abbildung 2 wie Abb. 1a, jedoch nach Unsharp Masking Filterung, eine Schweifablösung wird sichtbar!
Verwackelte Einzelbilder oder Bilder mit besonders schlechtem Seeing läßt man einfach weg. Es werden zunächst aber nicht alle Bilder addiert, sondern Gruppen von z.B. je 20 Einzelbildern zu einem Teilsummenbild vereinigt. Am Beispiel des Kometen Hyakutake ist in Abb. 1a das Gesamtsummenbild zu sehen, das dem visuellen Eindruck im Okular am besten entspricht Mit Hilfe einer Äquidensitendarstellung mittels Falschfarben werden in Abb. 1b auch schwächere Anteile der Koma sichtbar, ohne daß das Zentrum überbelichtet erscheint. Die Eigenbewegung des Kometen ist durch einen Feldstern dokumentiert, der hier als Lichtpunktkette sichtbar wird.

Dieses Gesamtsummenbild kann nun mittels "unsharp-masking" im Kontrast verstärkt werden. Falls die Bildbearbeitungssoftware diese Funktion nicht explizit enthält, stellt man die unscharfe Maske mit einem Gaussfilter her und subtrahiert diese vom Orginalbild.Wie in Abb.2 zu sehen, wird dadurch beispielsweise eine beginnende Schweifablösung sichtbar. Man vergleiche dazu Abb. 6a in SuW Heft 6/96 auf Seite 425 (mit einem 1m Teleskop 2 Tage später aufgenommen).


Spezielle Methoden für Kometenkernaufnahmen

Bild 52kB Abbildung 3a: Komet Hyakutake: Differenz zweier Teilsummenbilder in Falschfarben, aufgenommen mit 10 min Abstand; Format 8.4x8.4 Bogenminuten
Bild 48kB · Abbildung 3b: wie Abb. 3a, jedoch 20 min Abstand, eine starke Dichteveränderung in Kernnähe wird sichtbar
Es besteht nun die Möglichkeit, die durch Rotation des Kometenkerns und durch Eruptionen hervorgerufenen zeitlichen Veränderungen im Kometenkopf während der Aufnahmeserie sichtbar zu machen. Dazu erzeugt man einfach das Differenzbild von 2 Teilsummenbildern mit unterschiedlicher Aufnahmezeit. Angenommen, es hätte sich zwischenzeitlich nichts geändert, dann wird im Differenzbild nur ein Rauschen um den Pixelpegel 0 zu sehen sein. In der Abbildung 3a sind jedoch schwache bogenförmige Strukturen sichtbar, die vermutlich durch die Rotation der Jets entstehen. Der Vergleich mit der 3.5m-NTT-Aufnahme in Falschfarbendarstellung (Abb.1 in SuW-Heft 6/96 auf Seite 424 oben) zeigt, daß es sich keineswegs um technisch bedingte Artefakte handelt. In Abb. 3b ist ein weiteres Differenzbild zu sehen, welches eine starke Dichteveränderung in Kernnähe zeigt, die in Richtung zur Sonne innerhalb von 20 Minuten auftrat.

Zum Abschluß möchten wir noch eine weitere Methode der Bildverarbeitung vorstellen, die auf der Subtraktion eines mathematisch generierten spärischen Modells der Kometenkoma beruht.
Bild 25kB Abbildung 4a: Komet Hyakutake: sphärisches Modell der Koma vom Summenbild subtrahiert, Format 8.4 x 8.4 Bogenminuten
Bild 63kB Abbildung 4b: wie Abb. 4a, Eindrucksvolle Äquidensitendarstellung mit Falschfarben
Bild 19kB Abbildung 5a: Ein Auschnitt aus Abb. 4a mit nachträglichem Unsharp Masking
Bild 39kB Abbildung 5b: wie Abb. 5a, jedoch in Falschfarben
Die Erzeugung und Anpassung derartiger Modelle entnehme man den Beschreibungen guter Bildverarbeitungsprogramme (z.B. MIDAS, IRAF, MIPS etc). Es ist einleuchtend, daß die Subtraktion der spährischen Anteile der Koma die radialen Komponenten besonders stark hervorhebt. Als Beispiel ist wieder Hyakutake in Abb 4a dargestellt. Signifikant ist hier die Ähnlichkeit mit einer HST-Aufnahme (Abb.3b in SuW-Heft 6/96 auf Seite 424) in welcher gewissermaßen das Zentrum stark vergrössert wiedergegeben ist, sowie mit Abb 5b im gleichen Heft. Weiters lassen sich durch die Verwendung von Farbpaletten bei der Darstellung am Bildschirm feine Helligkeitsdifferenzen durch Falschfarben markieren (siehe Abb 4b ).

Um das Ganze noch auf die Spitze zu treiben, wurde abermals eine unscharfe Maske angewendet, um Jetstrukturen in Kernnähe zu verstärken. Damit wird in Abb 5a an der Sonnenseite des Kometen eine Art "Fontäne" sichtbar, die nur wenige Pixel groß ist.Außerdem ist die bereits erwähnte beginnende Schweifablösung hier besonders deutlich sichtbar. Die schwach angedeuteten konzentrischen Ringe sind allerdings mathematisch bedingte Artefakte, die wahrscheinlich durch unpräzise Zentrierung des sphärischen Modells entstanden sind (besonders auffällig in der Falschfarbendarstellung Abb 5b ).


Zusammenfassung

Sämtliche Abbildungen entstammen einer Serie von 120 Einzelaufnahmen mit je 3s Belichtungszeit, die wir am 24.03.96 in der Zeit zwischen 3:33 und 3:55 Uhr MEZ in unserer Sternwarte in Harpoint (Oberösterreich) mit einem C14 und einer OES LcCCD11-Kamera photographiert haben. Der Komet Hyakutake war zu diesem Zeitpunkt in Erdnähe und stand ziemlich im Zenit. Die Beispiele zeigen erst einen Teil der Möglichkeiten zur Weiterverarbeitung der Bilder auf und brauchen, abgesehen vom schlechteren Signal/Rauschverhältniss wegen der kleineren Teleskopöffnung, trotzdem den Vergleich mit so manchen im Internet veröffentlichten professionellen Kometenaufnahmen nicht zu scheuen. Angesichts des herannahenden Kometen Hale-Bopp also eine neue Herausforderung für alle CCD-Freunde.

previous

home

next